Sanierung und Neubau

Von Bardo Faust

Mainz. Das Mainzer Rathaus soll für höchstens 50 Millionen Euro saniert werden. Das kurfürstliche Schloss ist für eine Nutzung als Verwaltungsbau nicht geeignet. Ein Hotelneubau ist an zwei Standorten möglich: Direkt am Schloss, direkt neben der Steinhalle. Oder auf der jetzigen Grünfläche an der Ecke Große Bleiche/Kaiser-Friedrich-Straße. Das sind die Kernaussagen der Machbarkeitsstudie zum Thema Schlosssanierung und Rathaus-umbau, die OB Michael Ebling sowie die Dezernenten Christopher Sitte und Marianne Grosse vorstellten.

Michael Ebling legte sich dabei auf einen Kurswechsel fest. Nicht die Wünsche sollen bei der Sanierung das Maß aller Dinge sein, sondern das vorher festgelegte Budget. Eine vielversprechende Lösung, findet der OB, um den Knoten aufzulösen, der da wäre: Wie kann die Stadt einerseits das Rathaus auf einen für die Mitarbeiter und Bürger modernen Stand bringen und andererseits das Schloss als „Gut Stubb“ der Bürger zukunftstauglich machen? Und das bei ziemlich knappen Kassen.

Der CDU-Vorschlag, das Rathaus teilweise ins Schloss zu verlagern, den Rest in einem Neubau unterzubringen und den 40 Jahre alten Arne-Jacobsen-Bau zu verkaufen, ist für Ebling nicht sinnvoll. Das habe die Machbarkeitsstudie ergeben: Nur 30 Prozent der erforderlichen Flächen und Funktionen können laut der Studie im Schloss untergebracht werden. Für die übrigen Büros müsste ein Neubau her – etwa anstelle des Allianzhauses. Insgesamt würde diese Variante mehr als 100 Millionen Euro kosten – und beim Jacobsen-Bau drohe ein Leerstand, da die angedachte Umwandlung in ein Hotel „keine Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg hat“, so Ebling

Baudezernentin Marianne Grosse machte zudem deutlich, dass eine Umwandlung des Schlosses zum Teil-Rathaus zu Konflikten mit dem Denkmalschutz führen würde. Denn zum Beispiel sei für einen Ratssaal im bestehenden Schlossgebäude nur im großen Saal Platz – der dann aber für die Fastnacht, für Abibälle und andere Veranstaltungen nicht mehr nutzbar sei. Ein möglicher Ratssaal-Anbau an die Steinhalle als Alternative sei dagegen denkmalpflegerisch schwierig. Über das jetzt skizzierte Vorgehen herrsche im Stadtvorstand Einigkeit.

Noch nicht klar ist nun, wie das sanierte Gebäude am Ende konkret aussehen wird. Eine Prioritätenliste muss laut Ebling erstellt werden. Zunächst stünden ein trockenes Dach, ein trockener Keller, Fenster, Hülle und Technik sowie ein funktionierender Ratssaal auf dem Programm. Dann müsse man am Ende sehen, was noch an Geld übrig ist. Und erst dann könne man über weitere Wünsche nachdenken – zum Beispiel die Öffnung des Jockel-Fuchs-Platzes zum Rhein hin. „Die Idee ist nicht gestorben, aber sie hat zunächst keine Priorität“, sagte Ebling.

Ein gutes Zeugnis stellt die Machbarkeitsstudie einem Hotel Schloss aus – mit etwa 200 Betten, im Bereich Vier-Sterne und mehr. Über die Standorte müsse man noch diskutieren: „Auf jeden Fall bleiben noch genügend Grünflächen, die dann sicherlich auch besser gestaltet werden“, sagte Ebling.

Genügend Bedarf für ein Hotel gibt es laut Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte allemal. 800 Betten zusätzlich könnte es laut einer anderen Studie in Mainz noch geben. Das Interesse aus der Branche sei groß, dass habe er gerade auch wieder bei der Immobilienmesse Expo-Real erfahren. Schließlich gewinne die Stadt mit dem Schlosshotel, das ein privater Investor bauen soll, und der Sanierung des alten Gemäuers auf dem Tagungs- und Konferenzmarkt erheblich an Bedeutung. Immerhin soll die Kapazität des Schlosses auch erweitert werden: elf statt sechs Säle, sieben Meetingräume zusätzlich bedeuten nahezu eine Verdopplung der Kapazitäten von 2400 auf 4300 Quadratmeter. 55 Millionen Euro sind für die Sanierung prognostiziert.

Und wie geht’s jetzt weiter? „Wichtig ist, dass wir mit beiden Projekten vorankommen“. In seiner Sitzung am 2. Dezember soll sich der Stadtrat hierzu eine Meinung bilden können, erwartet der OB. Ein Sanierungsbeginn ist laut dem Rathausbeauftragten Ferdinand Graffé in etwa zwei Jahren denkbar. Auch für das Schloss ist dies der Zeitrahmen, weil zunächst das Römisch-Germanische Zentralmuseum ausziehen muss.

Stimmen

Die CDU-Stadtratsfraktion hält am Vorschlag fest, die bisher im Rathaus angesiedelten Teile der Verwaltung ins Kurfürstliche Schloss und in einen Neubau im Bereich der Großen Bleiche zu verlagern und den Arne-Jacobsen-Bau an einen Investor zu verkaufen. Auch in der Machbarkeitsstudie werde betont, dass dieser Vorschlag grundsätzlich möglich sei, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Hannsgeorg Schönig.
Dass die Kosten der Sanierung des derzeitigen Rathauses jetzt bei maximal 50 Millionen Euro gedeckelt werden sollen, hält die CDU für unrealistisch.

Die Fraktionsvorsitzenden der Mainzer Ampel-Koalition, Dr. Eckart Lensch (SPD), Sylvia Köbler Gross (GRÜNE) und Walter Koppius (FDP) stehen erwartungsgemäß hinter den Vorschlägen der Stadtspitze: „Die Machbarkeitsstudie zeigt, dass sich das Schloss gut als Kongresszentrum eignet. Mit der Ansiedlung eines Hotels in unmittelbarer Nähe, kann ein Einstieg in die Finanzierung der Sanierung des Schlosses gelingen. Es hat sich klar gezeigt, dass sich das Schloss nicht als Rathausersatz eignet. Die Kostendeckelung für die Sanierung des Rathauses bei 50 Millionen Euro ist ein realistischer Schritt, den wir ausdrücklich für gut befinden.“

Das Märchen eines Rathauses im Mainzer Schloss ist ausgeträumt, finden die Linken im Stadtrat. Stattdessen fordert die Fraktion ein Rathaus ohne Prunk und Verschwendungssucht. „Wichtig ist in erster Linie, dass das Rathaus einladend für Bürger ist und optimale Arbeitsbedingungen für seine Mitarbeiter bietet. Es muss auch alles daran gesetzt werden, dass der Denkmalschutz nicht gute Arbeitsbedingungen behindert. Der angestrebte Kostendeckel darf nicht zur Konsequenz haben, dass wir am Ende mit einem halb-fertigen Rathaus stehen gelassen werden, welches in 10 Jahren wieder sanierungsbedürftig ist.“

Grundsätzlich kann der Hotelmarkt in Mainz das ein oder andere zusätzliche Hotel-Angebot vertragen, wenn es sich um eine sinnvolle Ergänzung des bestehenden Angebots handelt, findet Gerhard Jordan, Vorsitzender des Dehoga-Kreisverbandes Mainz. „Wir begrüßen die Inwertsetzung des Schlosses als Tagungs- und Kongress-Zentrum. Insofern erscheint eine direkte Anbindung an einen Hotelneubau sinnvoll. Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, ist dabei jedoch darauf zu achten, dass es nicht durch staatliche Subventionen oder sonstige Förderungen neuer Betriebe kommt.“

Auch Uwe Leitermann vom CityMarketing befürwortet die Pläne:  „Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie zum Kurfürstlichen Schloss und das darin vorgeschlagene Nutzungskonzept als Veranstaltungszentrum sehen wir als Betreiber der Rheingoldhalle und des Diether von Isenburg-Flügels des Schlosses sehr positiv. 
Die Nachfrage nach einem größeren Raumangebot ist in Mainz vorhanden und durch zusätzliche Veranstaltungen profitieren nicht nur Hotellerie und  Einzelhandel, sondern viele weitere Dienstleister.“

Richtig findet der Steuerzahlerbund, dass die Sanierung des Rathauses gedeckelt. Allerdings zweifelt Sprecher Rene Quante an, dass „mit 50 Millionen Euro der marode Bau wirklich auf Vordermann gebracht werden kann. Wenn ein Teil der Sanierungsarbeiten nur wieder in die ungewisse Zukunft verschoben wird, hat der Kostendeckel seinen Zweck verfehlt.“ Er mahnt an, dass der komplette Neubau eines Rathauses nicht geprüft worden sei: „Für eine alternative Nutzung des Arne-Jacobsen-Bau könnte ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben werden.“ Das Schloss nun als Veranstaltungs- und Tagungsort herzurichten, findet Quante gut.

 

Stadtmagazin Frizz, 10/2015

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