Nick Benjamin: Der Seher von Mombach und die Schiersteiner Brigg

Von Bardo Faust

Mainz. Die Lottozahlen vom nächsten Wochenende kennt Nick Benjamin nicht. Leider. Obwohl er in jüngster Zeit oft danach gefragt wird. Schließlich hat er kürzlich prophetische Gaben bewiesen. Könnte man zumindest meinen. Denn mit seinem Lied über die Schiersteiner Brücke hat Benjamin in der Fastnachtskampagne einen echten Knaller geliefert.Und zwar in einem zeitlichen Ablauf, dass man sich Fragen nach seinen helllseherischen Fähigkeiten durchaus stellen könnte.

„Die jährliche Fernsehsitzung der Mombacher Bohenbeitel wurde am 7. Februar vom SWR aufgezeichnet und lief am 10. Februar im TV. Ich war um 21 Uhr mit dem Lied auf dem Bildschirm“, erinnert er sich. Auf die Melodie vom Holzmichel sang er: „Was macht den nur die Schiersteiner Brigg, Schiersteiner Brigg, Schiersteiner Brigg – isse kaputt?“ Um 22 Uhr kam die Meldung über die Brückensperrung, Benjamin war über Fastnacht in aller Munde.

„Ich war’s net“, sagt Benjamin bei am Telefeon bei der Verabredung zu diesem Gespräch und weist lachend jede Verantwortung an dem Desaster mit der Rheinbrücke von sich. Wochenlange Sperrung und dem Verkehrschaos rund um Mainz und Wiesbaden zurück, „damit habe ich nichst zu tun.“ Denn die Idee zu dem Lied kam ihm schon im vergangenen Jahr. „Mir fallen ständig Ideen für neue Lieder ein“, erzählt er – das mit der Brücke standesgemäß im Auto, denn von seiner Wahlheimat in Heidesheim nach Wiesbaden, wo er bis zur Jahrtausenwende 40 Jahre wohnte, fahre er häufig. Die Bauarbeiten hätten ihn dann inspiriert. „Wenn die Grundidee steht, geht der Rest ganz schnell“, gibt Benjamin Einblick in seine Arbeitsweise. „Dann fließen die Worte wie Honig.“ Die Brigg hatte er in einem Tag geschrieben.

Wundern muss einen das nicht. Wer Benjamin im Gespräch erlebt, der spürt den Spaß an der Sprache, den der 68-jährige hat. Einen Spaß, den er auch beruflich ausgelebt hat, als Moderator beim Südwestrundfunk, als Off-Sprecher bei heute und im Fernsehgarten oder bei Sportereignissen. Und heute noch bei Dokumentationen und in der Werbung. Nick Benjamin ist wohl das, was man einen Hans Dampf in allen Gassen nennt.

Bei den Bohenbeiteln in Mombach drückt sich dies in einem Büttenvortrag und einem musikalischen Auftritt pro Sitzung aus. Folgerichtig, denn neben der Sprache ist die Musik seine große Liebe. Als gelernter Schlagzeuger hat er sich auch schon früh mit anderen Instrumenten beschäftigt, hat in den 60er-Jahren Jazz gespielt, war als DJ unterwegs.

Tja, und diese Liebe zur Musik bringt nun jährlich drei neue Lieder hervor, mit kritisch-ironischen Themen wie eben der Schiersteiner Brigg, „aber ich habe auch reine Stimmungslieder im Programm.“ Oder Kulthits, wie etwa „Das Mombacher Mädsche“- gereimt auf die Melodie von „Somewhere over the rainbow“.Gesungen werden diese Lieder fast ausschließlich in Mombach: „Mein Verein geht vor“, sagt Benjamin, der daher nur einige wenige Auftritte außerhalb Mombachs absolviert – wenn es die Bohenbeitel eben nicht tangiert.

Die Vorbereitung auf die Kampagne läuft bei Benjamin ganzjährig. Eine feste Zeit, in der er sich um seine Lieder kümmert, hat er nicht. „Die Ideen kommen bei mir ständig. Mein Programm fürs nächste Jahr steht schon.“ Deshalb kennt er auch keine Panik davor, dass er kurz nach Weihnachten ohne Lied da steht: „Ich habe über 40 Lieder im Repertoire, die meisten nur einmal gesungen. Und mir fällt ständig etwas ein.“

So zum Beispiel ein Lied über die in Rheinhessen immer mehr um sich greifenden Kreisel. „Ich habe meinen Sohn zu einem Termin nach Ingelheim gefahren“, erzählt er. Die drei Kreisel rund um den Bahnhof, in kurzen Abständen folgend, brachten ihn dann auf die Idee, den berühmten Jägerchor umzudichten: „Ein Kreisel, ein Kreisel, trallalalallalalla.“ Saubere Reime, gute Melodien, schöne Pointen, das ist es, wonach Benjamin strebt: „Die Musik ist mein Leben, Poinetne sind mein Leben“, sagt er.

Zurück zur Brigg. Mittlerweile ist es ruhig geworden um den „Seher von Mombach“, wie Benjamin im Februar scherzhaft genannt wurde. Nur ab und zu, wenn er mit der Budenheimer Fähre über den Rhein setzt, die wegen der Brückensperrung übergangsweise eingerichtet wurde, machen die Fährarbeiter mal einen Scherz: „Gehen Sie doch mal zum Chef. Vielleicht gibt es einen Bonus“, heißt es da zum Beispiel.

Und zum Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling, immerhin auch ein Bohnebeitel, habe er scherzhaft gesagt: „Wenn Du nicht lieb bist zu mir, mache ich ein Lied übers Rathaus.“ Na dann!

Stadtmagazin Frizz, 02/2015

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