Gemeinsam seine Stärken ausspielen

Rund die Hälfte aller Markenhotels in Deutschland gehören zu einer Kooperation, nicht zu einer Kette. Gerade bei kleineren Häusern, die Wert auf Individualität legen, punkten die Zusammenschlüsse von Privathoteliers.

Im Hotelmarkt ist viel Bewegung: „Die Branche ist einem tiefgreifenden strukturellen Wandel unter- worfen“, sagt André Schulz, Marketing-Direktor der Hotelkooperation Familotel. Die Hotels müssten sich professionalisieren, was viele kleine und mittlere Betriebe überfordere und so oftmals ins Aus führe. Für Schulz ist dies eine Herausforderung: „Hotelkooperationen stehen angesichts dieser Situation verstärkt in der Pflicht, Ant- worten zu geben.“ So verstehe sich Familotel zum Beispiel als integrierter Dienstleister, bei dem sich die Hotels maßgeschneidert professionelle Hilfe holen können. Ohne zeitaufwendigen Fortbildungsaufwand für den Inhaber werde das Unternehmen so immer nach neuestem Erkenntnisstand betreut und von Spezialisten vertreten. „Das schafft Freiraum für die eigentliche Kompetenz der Hoteliers, die sich wieder vermehrt auf ihre Rolle als Gastgeber konzentrieren können.“

Starke Partner gesucht
Die Suche nach starken Partnern ist für viele Privathotels existenziell. Wer in einer Nische sein Hotel gut führe, kön- ne zwar auch in Zukunft allein bestehen, sagt Thomas Schliepers, Geschäftsführer der Münchner Hotel-Beratungsgesellschaft Treugast. Aber oftmals sei der Anschluss an eine größere Gruppe oder Marke ein wichtiger Schritt. Und das wissen auch die großen Ketten, sagt Hotelberaterin Elke Schade: „Die Öffnung der Ketten gegenüber privaten Hotels hat schon begonnen.“ Damit wirbt die Markenhotellerie um die angestammte Klientel der Hotelkooperationen: die unabhängigen Privathotels. Ein Beispiel dafür: Accorhotels wird demnächst seine Vertriebsplattform für Privathotels öffnen, die dafür aber nicht alle kostenintensiven internationalen Standards erfüllen müssen, denen die eigenen Marken unterliegen.

Ketten lockern Standards
„Diese Angebotsform bezeichne ich als Soft-Franchise“, sagt Elke Schade, die viele Jahre in den Chefetagen von internationalen Unternehmen und Kooperationen gearbeitet hat. Sie kennt das Geschäft: „Der Anteil der Franchise-Betriebe an der Markenhotellerie ist in den letzten Jahren langsam aber stetig gewachsen“, sagt sie. Herausforderung für die Ketten sei dabei, dass die bestehenden privaten Ho- tels eben keinen so hohen Standardisierungsgrad aufweisen, die Standardisierung aber der gemeinsame Nenner der Kettenhotellerie sei.
Der Ausweg liegt oft in neuen Marken. „Viele strukturierte Hotelkonzerne haben auch individuelle Marken“, sagt Thomas Edelkamp, der im Januar von Accor in die Vorstandsetage der Kooperation Romantik-Hotels gewechselt ist. Die Flächendeckung sei das Ziel. Best Western ist da ein Beispiel, neben dem klassischen Label wurden mittlerweile Best Western Plus und Best Western Premier gegründet.
Die Auffächerung der Marke in verschiedene Kategorien wie bei Best Western ist ein Weg, in dem André Schulz auch Risiken sieht: „Hier verbirgt sich die Gefahr, dass sich der Gast einem intransparenten Markt gegenüber sieht, der im Wesentlichen einem Preiswettbewerb unterliegt.“ Für Ketten wie für Kooperationen gelte das gleiche: Erfolgreich sein könnten sie dann, wenn sie sich eindeutig und klar positionieren. Eine Aufweichung der Aufnahmekriterien bei den Kooperationen und damit ein schnelles Wachs- tum könne deshalb zwar verführerisch sein: „Das Wachstum wird aber durch ein zunehmend verwaschenes Image erkauft.“
Dies sieht Claudia Gertig ganz ähnlich. Die Leiterin der Geschäftsstelle bei Landidyll will die Marke ihrer kleinen Kooperation nicht verwässern, ein Aufweichen der Aufnahmekriterien käme da nicht infrage. Im Gegenteil: „Wir sind mit 28 Hotels bewusst eine kleine Kooperation – und dies soll auch so bleiben.“ 30, später einmal höchstens 40 Hotels fänden demnach bei Landidyll Platz. Wichtig sei nicht die Quantität, sondern die Qualität: „Wir werden unsere Markenansprache künftig noch klarer formulieren“, sagt Gertig. Spezialisierung und hohe Qualität seien zukunftsträchtige Kriterien – mit ihren inhabergeführten und authentischen Häusern fühle sie sich damit auf dem richtigen Weg.
Also ist Profilschärfung angesagt. Darin sind sich die Experten einig. Es muss dem Gast klar sein, wofür sein Hotel steht. Und wer sich schließlich einer Kooperation anschließen will, muss sich vorher fragen, was er von einer Mitgliedschaft überhaupt erwartet. Soll der eigene Vertrieb gestärkt werden? Oder will man eher vom guten Image einer Gruppe profitieren? Da- nach richtet sich, welche Kooperation die richtige ist. Und was für die einzelnen Häuser gilt, gilt auch für die Kooperationen: „Ich denke, dass gute Kooperationen die Kriterien eher enger fassen sollten, denn je besser die Ent- scheidungswege strukturiert sind und je straffer sich die Kooperationen organisieren, desto stärker und erfolgreicher können sie sein“, fasst dies Elke Schade zusammen.

Klares Markenbild zählt
Ihr Kollege Thomas Schliepers sieht kein Problem bei Gruppen, die den Markenkern bereits im Namen tragen – wie etwa Familotel, Wellness Hotels Deutschland oder Bio-Hotel: „Da kann man sich etwas drunter vorstellen. Die Kunden wissen dann sofort, was sie da erwartet“, sagt er. Bei anderen Gruppen, wie etwa Ringhotels oder Akzent, sei dies nicht ohne weiteres der Fall, dann müsse das Image so bearbeitet werden, dass es der Kunde am Ende auch verstehe: „Wenn die Branche weiß, wofür der Name einer Kooperation steht, nutzt das nichts. Der Gast muss es wissen.“ Er habe aber den Eindruck, dass diese Botschaft mittlerweile angekommen sei.
Der Marke misst auch Thomas Edelkamp eine hohe Bedeutung zu. „Eine Marke hat einen Wert“, sagt der Top- Manager, schränkt aber gleichzeitig ein: „Wenn ich als Hotelier sage, ich möchte den Weg in eine Kooperation gehen, muss ich das auch leben wollen.“ Die Identifikation mit den Inhalten ist enorm wichtig. Wer einfach nur eine überregionale Repräsentanz will, kann sich auch auf die Buchungsportale allein konzentrieren, findet er. Der springende Punkt ist, wieviel Individualität und Unabhängigkeit wollen sich die Privathoteliers bewahren. Bei einer Kette oder im Franchise-System ist diese sehr eingeschränkt, „bei den Kooperationen ist dies ein bisschen freier gestaltbar“, sagt Edelkamp.

Module im Angebot
Fragt man bei den Hoteliers nach, sind es neben dem guten Gefühl, Teil eines großen Ganzen zu sein, vor allem die Möglichkeiten in Sachen Marketing, Buchung und Weiterbildung, Controlling oder in der Sparte Human Resources samt der Personalakquise, die eine Kooperation attraktiv machen. Und damit die Individualität nicht zu sehr eingeschränkt wird, können sich die Romantik-Hotels zum Beispiel in einer Art Baukastensystem verschiedener Tools bedienen – je nach ihren eigenen Bedürfnissen. „In den nächsten Monaten werden wir verstärkt in Sachen Online-Kommunikation aktiv und der Frage nachgehen, wie gut die Mitgliedsbetriebe online aufgestellt sind“, so Edelkamp. Dem Online-Marketing widmet sich auch Familotel verstärkt. Die schon vorhandenen Servicetools im Online-Bereich nutzen demnach schon über die Hälfte der Mitglieder. In einem nächsten Schritt sollen den Mitgliedern weitere Bereiche zur Ver- fügung gestellt werden: das Content-Management, die Suchmaschinenoptimierung und -werbung sowie Erstellung und Versand von Newslettern.
Damit befinden sich die beiden Kooperationen auch nach Ansicht von Elke Schade auf dem richtigen Weg, denn: „Durch die Bewertungsportale wird die Leistung der Hotels transpa- rent, und Gäste vertrauen den kritischen Kommentaren anderer Gäste oft mehr als irgendwelchen Markenver- sprechen. Nach meiner Beobachtung sinkt die Bedeutung der Marke als Buchungskriterium in gleicher Relation zum Wachstum der Buchungs- und Bewertungsportale sowie der Sozialen Medien.“

ZAHLEN & FAKTEN
In Deutschland gibt es rund 3850 Markenhotels, das ent- spricht laut dem aktuellen Report „Hotelmarkt Deutschland“ des Hotelverbands Deutschland (IHA) einem Anteil von 11,9 Pro- zent aller 33.400 Beherbergungsbetriebe. Der Anteil der Marken- hotels, die sich einer Kooperation angeschlossen haben, liegt bei rund 47 Prozent. 62 Hotelkooperationen mit Markencharakter sind hierzulande aktiv. In ihnen sind knapp 1900 einzelne, rechtlich selbstständige Hotels zu einem jeweils größeren Verbund zusammengeschlossen. Insgesamt ist laut IHA-Report ein Trend zu einem Wachstum über Franchiseverträge ablesbar, forciert durch internationale Hotelketten.

KOSTEN
Bei den Gebühren liegt der Unterschied zwischen Franchisern und Kooperationen laut Hotel- Beraterin Elke Schade in der Bemessungsgrundlage. Bei den Kooperationen bemessen sich die die Beiträge an der Zimmerzahl und nicht nach dem Umsatz. Da- mit sind die Kooperationsbeiträge gut zu kalkulieren, hinzu kommt: Kooperationshotels brauchen ihre Umsätze nicht offenzulegen. Bei den Beiträgen kommt es ganz auf die Zahl der Leistungen an – je nach Hotelgröße fallen zwischen 5000 bis 15.000 Euro im Jahr an.

AHGZ: Gemeinsam seine Stärken ausspielen, (PDF) 19.9.2015

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