Gleich drei Programmkinos

In Wiesbaden gibt es gleich drei Programmkinos. Der Stadt Wiesbaden ist dieses Angebot einiges wert: Rund eine Million Euro stehen im Haushalt für die Unterstützung der Lichtspielhäuser und der Filmfestivals bereit.

„Remember“, „Ewige Jugend“, „Der Staat gegen Fritz Bauer“ – Filmtitel jenseits der Blockbuster, die in den rein kommerziellen Kinosälen rauf und runter gespielt werden. Filmtitel die aber dennoch qualitativ hochwertigen Kinogenuss versprechen – und in einem der drei Wiesbadener Programmkinos laufen . Die Caligari-Filmbühne, das Murnau-Filmtheater und das Walhalla-Bambi-Kino haben sich dem künstlerisch wertvollen Arthouse-Film, dem gepflegten Stummfilm oder der informativen Dokumentation verschrieben.

Der Stadt Wiesbaden ist dieses Angebot einiges wert: Rund eine Million Euro stehen im Haushalt für die Unterstützung der Lichtspielhäuser und der Filmfestivals, bereit. „Für eine Stadt wie Wiesbaden ins kommunale Kinos ungeheuer wichtig“, sagte Schuldezernentrin Rose-Lore Scholz (CDU). Schließlich sei die Herangehensweise hier ganz anders, als in den kommerziellen Kinos – themenbezogenen Reihen, Filmgespräche und Retrospektiven in vergangene Zeiten.

Für die drei Wiesbadener Programmkinos ist die Ausgangslage und Situation höchst unterschiedlich, wie eine kleine Umfrage bei den Programmverantwortlichen ergab. Platzhirsch ist die Caligari-Filmbühne am Marktplatz mit ihren 420 Zuschauerplätzen. Das kommunale Kino ist 90 Jahre alt und in einem Gebäude aus den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts untergebracht. Und darin liegt der große Vorteil für das Kino: „Wir sind da schon privilegiert“, sagte der Leiter der Filmbühne, Uwe Stellberger. In dem historischen UFA-Saal herrsche eine ganz besondere Atmosphäre, die Kino zu einem Erlebnis machen. Auch die Qualität der Filme stimme, gibt Stellberger einen Einblick in die Zuschauerreaktionen. „Zu uns kommen die Leute, um sich einen schönen Abend zu machen.“

Einzigartige Atmosphäre

Dazu trägt neben dem tollen Ambiente der Räumlichkeiten auch das Cateringangebot seinen Teil bei: „Popcorn und Nachos gibt es im Caligari nicht“, sagt Stellberger. Dafür aber zum Beispiel einige Weine aus der Region. So hebe man sich schon mal ab von der Konkurrenz der großen Ketten.

Der Kern ist aber das Kinoprogramm – und da legen die Macher vor allem Wert auf die Zusammenarbeit mit städtischen Initiativen und Vereinen. Es gibt diverse Festivals oder Reihen, wie etwa „Stummfilme mit Musik“ oder das schwul-lesbische Filmfest Homonale. Unter der Woche gibt es täglich zwei, am Wochenende drei Vorstellungen: „Wir müssen bei unserem Angebot immer einen Weg finden zwischen unserem Anspruch und dem Geschmack des Publikums.“

Das funktioniere aber ganz gut. „Das Caligari ist eine feste Institution im kulturellen Leben der Stadt.“ Rund 80 000 Besucher finden pro Jahr den Weg an den Marktplatz, etwa 110 Besucher durchschnittlich pro Film. Allerdings: Ohne die städtische Finanzierung würde das Konzept nicht aufgehen, komplett privatwirtschaftlich sei es sehr schwierig, ein kleines Kino zu betreiben, meint der Kinoleiter und findet darin Zustimmung bei seinen Kollegen Sigrid Skoetz (Walhalla) und Sebastian Schnurr (Murnau).

In Schnurrs Murnau wird daher die Zusammenarbeit mit Initiativen und Gruppen groß geschrieben. „Das bauen wir gerade stark aus.“ Mit dem Caligari gebe es Kooperationen, der „Schlachthof-Film des Monats“ stehe auf dem Programm. Demnächst beginne eine Reihe mit Filmen zum Thema Frauenrechte.

Schnurr freut sich darüber, dass sein Haus sich mehr und mehr im Bewusstsein der Wiesbadener festsetzt. Das Kino gibt es erst seit 2009: „Anfangs lagen wir ein wenig an der Peripherie.“ Doch mittlerweile passiere in der Ecke ziemlich viel, mit dem neuen Schlachthof und dem Kulturpark. Da rücke auch das Murnau mehr und mehr ins Zentrum.

Spürbar sei dies an den Zuschauerzahlen, die langsam ansteigen. Eine Statistik hat das Murnau nicht. Aber die Auslastung hänge stark vom Film ab, der gezeigt wird. Bei einer Dokumentation seien nur wenige der 100 Plätze besetzt. „Dann hatten wir aber kürzlich den Janis-Joplin-Film – der war voll,“, sagte Schnurr.

Die Stadt finanziert das Murnau-Filmthater mit. Ohne das gingen es nicht, sagt der Leiter. 40 000 Euro waren es im vergangenen Jahr. In diesem Jahr hofft er auf ein bisschen mehr . Ansonsten muss die Murnau-Stiftung, die nach dem gleichnamigen Filmemacher vom Anfagn des vorigen Jahrhunderts benannt ist, wieder etwas quer finanzieren.

Die Stiftung ist es auch, die etwa für die Hälfte des Programms mit verantwortlich ist. „Wir zeigen viele Filme aus dem Bestand der Stiftung“, erklärte Schnurr. Und der besteht vor allem aus Stummfilmen und anderem historischen Material. Mittwoch bis Sonntag sind Vorführungen, zwischen zwei und vier am Tag. Zwei bis drei mal in der Woche gibt es neue Filme. Jüngst, am 27. Januar, startete eine Reihe zum 50-jährigen Bestehen der Stiftung mit Filmen aus deren Betsand.

Schwer im Markt zu bestehen

Auf ein besonderes Catering, Platzanweiser, spezielle Kassierer und Filmvorführer verzichtet Schnurr: „Das macht in der Regel eine Person.“ Die Vorführtechnik ist demnach auf dem neuesten Stand, nur an der Kasse hinke man der Zeit hinterher. „Wir haben noch eine Rolle mit Abrisstickets. Da muss dann demnächst mal was geschehen“, so Schnurr. Stichwort: Kassencomputer.

Schwerer hat es das Walhalla-Bambi-Kino am Mauritiusplatz. „Bei uns laufen die Filme bis zu vier Wochen“, sagte Leiterin Sigrid Skoetz – wenn sie die erste Woche überstehen. Das Problem sei, dass das Walhalla mangels Geld nicht viel Werbung machen könne. Flyer, Zeitungsanzeigen – all‘ dies sei nicht im Budget drin. Es geschehe daher oft, dass potenzielle Kinobesucher gar nicht mitbekämen, welche Filme gerade liefen. Und wenn dann in der ersten Woche zu wenig Betrieb sei, würden sie den Film auch absetzen.

Andere Streifen laufen dagegen laut Skoetz sehr gut in dem 134-Plätze-Kinosaal mit dem Charme der 1960er-Jahre. „Viele Leute lieben das.“ Rund 6000 Besucher kämen in etwa jährlich in einer der Vorstellungen.

Die Stadt unterstützt das Walhalla mit etwa 10 000 Euro im Jahr – als Mietkostenzuschuss für die Immobilie. Aber um zum Beispiel mehr Festivals zu organisieren und diese auch ordentlich bekannt zu machen, bräuchte Skoetz mehr Geld. Aus dem gut laufenden Theaterbereich des Walhalla sei da leider nicht viel zu holen: „Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe“, sagte sie. Nur wenige Theaterfreunde gingen auch ins Theater.

Frankfurter Rundschau 31. Januar 2016

http://www.fr-online.de/wiesbaden/programmkinos-wiesbaden-gleich-drei-programmkinos,1472860,33675232.html

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